Gute Noten für die Ettenheimer Innenstadt bei einem Rundgang zur Barrierefreiheit

Teilnehmer Begehung Barrierefreiheit
Bildquelle: Lahrer Zeitung

Wie gut ist die Ettenheimer Innenstadt für Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Rollatoren zugänglich? Bei einem Rundgang mit Vertretern von Verbänden für behinderte Menschen und integrative Teilhabe wurde diese Frage beantwortet.

Das erste Lob für Ettenheim gab es bereits beim Start am Palais Rohan von David Scharla, Projektleiter beim Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter Menschen Baden-Württemberg (LSK). Scharla, der selbst im Rollstuhl sitzt, lobte das Pflaster, auf dem man sich mit dem Rollstuhl gut fortbewegen könnte. Das sei etwa am Freiburger Münster ganz anders. Zudem habe die Stadt die Behinderten-Parkplätze unter Berücksichtigung der Steigung genau an der richtigen Stelle platziert. Auch, dass sich in unmittelbarer Nähe der Parkplätze eine Behindertentoilette befand, kam gut an.

Teilnehmer Begehung Barrierefreiheit
Bildquelle: Lahrer Zeitung

Auf all diese Dinge habe man besonders geachtet, erklärte Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz sichtlich stolz. „Seit Jahren stellen wir im Haushalt Mittel bereit, um Barrieren abzubauen. Und auch der Seniorenrat hat sich etwa schon mit dem Thema beschäftigt.“ Einen Wermutstropfen gab es aber: Den Kirchberg mit seinem alten, historischen Pflaster könne man nicht barrierefrei machen, gab Metz zu. Es gehe auch nicht darum, das Unmögliche zu fordern, sondern nur darum, die bestmögliche Lösung zu finden, betonten Sabine Goetz, Geschäftsführerin des LSK, und Kreisbehindertenbeauftragte Anita Diebold. Erste Station war der Kulturkeller in der Winterschule. Dieser ist schon seit seinem Umbau im Jahr 1993 barrierefrei, wie Ehrenbürgerin Marget Oelhoff betonte, die den Rundgang als Vertreterin der integrativen Sportgruppe begleitete. Sie führte Diebold und Goetz den Rollstuhlfahrstuhl dort vor, der bei beiden für Begeisterung sorgte. Auch weil er auf den ersten Blick wie ein Treppengeländer wirkt. Weiter ging es entlang der Rohanstraße. Lob gab es dafür, dass auf einem Parkplatz zwei Blumenkübel so platziert wurden, dass man an dieser Stelle als Rollstuhlfahrer problemlos die Straße überqueren könnte. Der Zugang zur Post ist aufgrund der Stufen für Rollstuhlfahrer nicht möglich. Der Gemeinderat Ettenheim hat deshalb beschlossen, dort demnächst eine Klingel anzubringen. Das sei nicht ideal, das Ziel sei es, dass Rollstuhlfahrer ohne Hilfe selbstbestimmt Zugang bekämen, erklärte Goetz. Jedoch: Eine andere Lösung sehe sie auch nicht. Die Stufen seien zu hoch für eine Rampe.

In der Thomasstraße auf dem Weg zum Prinzengarten gab es Lob für den barrierefreien Zugang zur Physiopraxis dort, die bereits seit 30 Jahren eine Rampe besitzt. Hinsichtlich der dort parkenden Autos überlegten Metz und Björn Zerr, Bautechniker beim Tiefbauamt, die Parkplätze noch 20 Zentimeter weiter in die Straße zu rücken, um noch etwas mehr Platz für Rollstuhlfahrer zu schaffen – besonders für die breiteren E-Rollis, wie ihn Michael Butt vom Bürgerstift fährt. Er wurde beim Rundgang von Gottfried Kernler vom Seniorenrat begleitet. Nathalie Goerke vom Gemeindevollzugsdienst dokumentierte alle Anmerkungen des Rundgangs.

Beim Prinzengarten musste Michael Butt die Straße überqueren, um zum Arzt zu kommen, weil die andere Straßenseite für seinen Elektro-Rollstuhl zu eng ist. Zwar sei die Kreuzung gut einsehbar, doch da dort die Autofahrer oftmals sehr schnell unterwegs sind, wünscht er sich eine Querungshilfe für die Bienlestraße. Metz sieht dafür jedoch wenig Aussicht auf Erfolg. Mehr Chancen erhofft er sich für einen Zebrastreifen beim August-Ruf-Bildungszentrum, wenn dort in der Nähe das geplante Parkhaus verwirklicht und deshalb der Fußgängerverkehr dort entsprechend zunehmen wird.

Auf dem Weg zum Marienplatz wurde jedoch deutlich: „90 Prozent der Geschäfte kann ich nicht betreten“, stellte Rollstuhlfahrer Scharla fest. Der Grund: Treppenstufe vor der Eingangstür. Doch das barrierefrei umzugestalten, ist gar nicht so einfach, stellte Goetz am Beispiel der Buchhandlung Machleid fest: „Würden wir dort eine Rampe anbringen, wäre sie zu steil oder würde zu weit in den Gehweg hereinragen. Seitlich vorbeiführen kann man die Rampe aber auch nicht, denn dort ist ein Lüftungsschacht.“ Die einzige Lösung, die sie für die Ettenheimer Geschäfte sieht: mobile Rampen. Diesbezüglich solle die Stadt nach Fördermöglichkeiten schauen und mit den Geschäftsbesitzern sprechen, schlägt sie vor. Die Geschäftsbetreiber würden ihren Kunden auch stets helfen, betonte Oelhoff noch. Vom Marienplatz ging es über die Friedrichstraße weiter zur Brücke. Mit dieser ist Michael Butt nicht zufrieden: Zu eng und an einer Stelle gibt es bei der Ampel keine barrierefreie Überquerung. Jedoch daran lasse sich kaum etwas ändern, erklärt Björn Zerr vom Tiefbauamt. Scharla hingegen bewertete die Brücke positiver und lobte die Ampeln und die dort abgesenkten Gehsteige an der Kreuzung beim Städtischen Gymnasium. Worin sich alle einig waren: Die Kübel mit dem Wein in der Friedrichstraße müssen kleiner werden.

Bürgermeister Metz stellt zukünftige Projekte vor: Stolz wies Metz noch auf den Umbau des ehemaligen Volksbankgebäudes zur Mediathek hin. Das alte Druckereigebäude nebenan wurde abgerissen, um Platz für ein Treppenhaus und einen Aufzug zu schaffen. „Dann haben wir endlich einen barrierefreien Zugang zur Mediathek“, freut er sich. Bei der östlichen Ringstraße zeigte er zudem noch den zukünftigen Verbindungsweg zu „Auf den Espen Süd“. Aktuell ist dieser noch ein Feldweg, aber wenn das neue Pflegeheim dort einmal steht, soll daraus ein Fußgängerweg werden, der den Bewohnern einen guten Zugang zur Innenstadt erlaubt.

Scharla gibt Ettenheim eine Schulnote: Und welche Note gibt es nun für die Barrierefreiheit in Ettenheim? „Eins bis zwei“, erklärt Rollstuhlfahrer David Scharla vom LSK: „Dass die Geschäfte nur schwer befahrbar sind, daran können Bürgermeister und Stadt nichts ändern, genauso wenig wie sie etwas für die Topographie können, die nun einmal hügelig ist. Auch kann eine Barockstadt nicht ihr Kopfsteinpflaster rausreißen. Aber: Böden und das neue Kopfsteinpflaster – etwa am Rathaus – sind prinzipiell gut befahrbar. Man sieht, dass es einen Bürgermeister gibt, der das Thema Barrierefreiheit auf dem Schirm hat.“ „Wir haben eine Bürgermeister, der offen ist, und Bürger, die Visionen haben und sich fürs Gemeinwohl einsetzen, das haben wir nicht überall“, lobte Diebold.
 

Zum Rundgang

Der Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter Menschen hat insgesamt 38 Stützpunkte mit Botschaftern in ganz Baden-Württemberg. Einer der drei Botschafter des Ortenaukreises ist Alexander Subat, der den Rundgang anregte, aber leider am Montag nicht teilnehmen konnte. Subat und der Landesverband sind auch in engem Austausch mit Anita Diebold, die sich für Barrierefreiheit und gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Behinderung einsetzt. „Dabei geht es sowohl darum, auf kurzem Weg Verbesserungen in den Orten aufzuzeigen als auch von guten Beispielen dort zu lernen und sie anderswo anzuwenden“, so Diebold. Er unterstütze solche Rundgänge wie am Montag ausdrücklich, um nicht betriebsblind zu werden, erklärte Metz ausdrücklich. Der Bürgermeister lobte auch die Arbeit von Tiefbauamt und Ordnungsamt, die immer wieder Verbesserungsvorschläge von ihren Rundgängen durch Ettenheim mitbrächten.

Text und Fotos: Julia Göpfert, Lahrer Zeitung