Beim Betreten der Pfarr- und Wallfahrtskirche St. Landelin
wird jeder Besucher von dem lichtdurchfluteten Kirchenraum mit seiner festlich barocken Farbenpracht überwältigt. Die beeindruckenden farbenfrohen Deckengemälde zeigen die Legende des hl. Landelin, der an diesem Ort den Märtyrertod fand. Auf den drei großen zentralen Hauptgemälden sowie sieben der 14 kleineren Nebenbilder erkennt man im Hintergrund des Geschehens auf einem Berggipfel eine große Burg - die Gisenburg. Der Legende nach residierte hier der heidnische Adlige Giseko, der seinem Jäger den Befehl zur Ermordung des Heiligen gab. Selbstverständlich entspricht die Darstellung der Burg nicht der Realität; das Bild entspringt vielmehr der Fantasie des Malers Anton Morath (1718-1783).Erstmals erwähnt wurde die Gisenburg in den Klosterannalen von Ettenheimmünster im Zusammenhang mit der Landelinslegende. Nach gleicher Quelle sollen später die Steine der Burg für den Klosterbau verwendet worden sein. Weitere schriftliche Unterlagen aus der Frühzeit über die Anlage und ihre Besitzer gibt es nicht.Erhalten geblieben sind nur geringe Geländespuren: ein terrassenartiges Plateau und im Steilhang eine größere Menge rechteckiger und polygonaler Steinblöcke; jedoch sind keine Mauerreste auffindbar. Außerdem finden sich zwei Halsgräben mit dahinterliegende Wällen (Anmerkung: Als Halsgraben wird ein künstlich angelegter Graben bezeichnet, der eine Burganlage nicht vollständig umschließt, sondern nur die Seiten des Areals abriegelt, die nicht durch natürliche Hindernisse geschützt sind. Er ist ein wichtiger Bestandteil des Wehrsystems vieler Höhenburgen).Die Geschichte der Gisenburg liegt im Dunkeln. Vermutungen gehen von einer vorchristlichen keltischen Anlage, einem befestigten Römerturm bis zu einer Fliehburg der frühen Alemannen im Schwarzwald aus. Da in der Frühzeit kleine Schutzanlagen aus Holz-Lehm-Mauern bestanden, ist das heutige Fehlen von Mauerresten nicht verwunderlich.Eventuell verdankt die Gisenburg ihre Entstehung dem alten Höhenweg, der einst das Rheintal mit dem Gutachtal verbunden hat. An diesem Weg, nur knapp ein Kilometer von der Gisenburg entfernt, lag einst der Gisenhof. Im Mittelalter gehörte dieser Hof der Abtei und ging nach der Säkularisation 1803 in den Besitz des Badischen Großherzogtums über. In der Folgezeit wurde der Hof mehrmals verpachtet. 1864 wurden die Gebäude des Gisenhofs abgebrochen und das Gelände aufgeforstet.Zufallsfunde alter Münzen in der Region der Gisenburg lassen deren Bedeutung als Schutz für den alten Höhenweg erahnen: 1723 hat Andreas Bilhartz, Schmied und Bürger in Ettenheimmünster, eine goldene und eine silberne römische Münze gefunden. Ferner fand man am 1. April 1811 frühmittelalterliche Silberbrakteaten (Brakteaten = dünne Münzen mit einseitiger Prägung).Dem Volksmund nach gibt es auf dem Höhenrücken hinter der Gisenburg eine Stelle, der Dundersplatz (= Donnersplatz) heißt. Den Namen trägt er deshalb, weil man dort angeblich beim Stampfen auf den Boden einen dumpfen Ton vernimmt, der sich anhört, als ob es donnere. Man sagt, dass sich unter dem Platz eine Höhle befinde und viele unterirdische Gemächer. Auch vom Kloster habe früher ein unterirdischer Gang hierher geführt. Der Ort sei ein Versteck gewesen in schweren Kriegszeiten und habe oft als heimliche Wohnung der Äbte und Mönche gedient.
Quellen:
Naudascher, Josef: Die Gisenburg. Die Ortenau 64 (1984) 372-375 Schwendemann, Emil: Münstertäler Klosterhöfe. Ettenheimer Heimatbote, Dezember 1976 Ohnemus, Erwin: Sagen von Ettenheimmünster und dem Ettenbachtale. Die Ortenau 43 (1963) 53-71