Zunftgasse

Totengässchen

Auf dem Bild: die erste Zunftmeisterin, Claudia Nägele
Zeitgemäße Zunftregeln: Bei der mehr als 500 Jahre alten Reb- und Ackerbauzunft kann heutzutage auch eine Frau Zunftmeister werde. Auf dem Bild: die erste Zunftmeisterin, Claudia Nägele, (vorne rechts) bei der Überführung der Zunftlade zu ihrem Nachfolger. Foto: Ulrike Hiller (2017)

Webergasse -Totengässle - Zunftgasse

Natürlich hatte eine mittelalterliche Stadt wie Ettenheim Zünfte. Und da es eine Ackerbürgerstadt war, spielte sicher die „Baurslüt und Reblüt Zunft“ eine besondere Rolle. Sie wird auf einer Urkunde 1503 erstmals erwähnt und gilt damit als älteste Zunft Ettenheims. Nicht nur das, sie besteht als einzige bis heute weiter und feiert alle drei Jahre ihren Zunfttag und zwar am ersten Montag im Januar nach dem Namenstag des Zunftheiligen Sebastian.
Bei so einer langen Tradition des Zunftwesens könnte man meinen, die Gasse trage den Namen schon ebenso lange. Stimmt aber nicht. Noch heute ist im Volksmund die Bezeichnung „Dodegässli“ gebräuchlich. Totengässle, weil durch diese Gasse die Ettenheimweilerer ihre Verstorbenen zur Kirche brachten. Aber auch die Ettenheimer bevorzugten diesen Weg für ihre Leichenzüge, weil er etwas weniger steil ist als die Kirchstraße. Dazu muss man wissen, dass bis in die 1950er Jahre die Toten zu Hause aufgebahrt und in feierlichem Zug im pferdebespannten Leichenwagen zu Kirche und Friedhof überführt wurden.
Erst im Jahre 1902 wurde aus dem „Totengässle“ die „Zunftgasse“. Für die damaligen Stadtväter hat sicher eine Rolle gespielt, dass die Gasse ganz früher nach den Webern benannt war. Leineweber spielten in Ettenheim vormals eine wichtige Rolle; sie wohnten mehrheitlich in der Webergasse und waren nachweislich seit 1659 in der Leineweberzunft organisiert.
Was die Reb- und Ackerbauzunft betrifft, hätte auch aus der Ettikostraße eine Zunftgasse werden können. Dort befand sich ab 1701 deren Zunftraum (heute Elektro Schrodi). Die Reb- und Ackerbauern hatten wohl schon seit 1529 ein Zunfthaus, was aber im Dreißigjährigen Krieg beim Brand der Stadt 1637 zerstört wurde.

Quellen:

Philipp Harden-Rauch: Das Zunftwesen in Ettenheim (I) (Geroldsecker Land, Heft 12 - 1969/70 Seite 50-60, (II) Heft 13 1970/71
Thomas Dees: Ettenheim und seine Zünfte - 509 Jahre Reb- und Ackerbauzunft in Ettenheim - Zunfttag am 24. Januar 2011 in: Ettenheimer Stadtanzeiger 30.12.2010
Furtwängler, Dr. Robert: Bettelmanns Umkehr - Alte Ettenheimer Straßennamen (III) (Der Altvater, 25.5.1991)
Ulrike Hiller: Neuer Platz für die Zunftlade (Badische Zeitung vom 6.2.17)

zurück zur Übersicht