„Mir ziagä in‘s Paradies“ Auswanderergeschichte Colonia Tovar

Begrüßung Bürgermeister Metz

"Wir ziehen ins Paradies" war die Erwartung von 400 Menschen aus dem Breisgau und Kaiserstuhl, darunter 55 Ettenheimer, 26 Münchweierer und 5 Altdorfer, die sich Ende 1842 auf den Weg machten nach Venezuela. Die große Not und Missernten hier im Badischen und die fulminanten Versprechungen zum Leben in Venezuela lösten eine große und beschwerliche Reise nach Südamerika aus. Die Auswanderer gründeten dort auf 1.800 m Höhe in den Bergen, 60 km von der Hauptstadt Caracas entfernt, die Colonia Tovar.

Seit Jahrzehnten hält die Stadt Endingen enge Beziehungen zu den Kolonisten, die die Anfang des 19. Jahrhunderts gesprochenen Dialekte der Region bis heute bewahren. So musste der Ettenheimer Tobias Metz erst Bürgermeister in Endingen werden, um nun mit Aktiven der Partnerschaft und zusammen mit der Ortsgruppe Ettenheim des Historischen Vereins unter Leitung von Thomas Dees eine Informationsveranstaltung in Ettenheim zu geben. Der Bürgersaal war brechend voll. Stühle aus allen Bereichen des Rathauses mussten nachgeholt werden. So konnte nach der Begrüßung von Bürgermeister Bruno Metz und eingehenden Erklärungen von seinem Kollegen und Sohn Tobias Metz, der im Frühjahr mit einer Gruppe anlässlich des 180-jährigen Jubiläums der Gründung der Colonia in Venezuela war, ein doch weitgehend weißer Fleck in der intensiven Ettenheimer Geschichtsschreibung mit Leben gefüllt werden.

Den ersten Vortrag hielt Dr. Franz-Josef Vollherbst, der, wie schon sein Vater, intensiv Berufsausbildungen von Menschen aus Tovar am Kaiserstuhl unterstützte. Rund 40 junge Tovarer wurden so schon zu Köchen, Klempnern, Landwirten ausgebildet. Vollherbst ist mit Leib und Seele der Endinger Fasnet verbunden. 1976 wurde ein Tovarer Jokiliverein gegründet, der heute eine dreistellige Zahl von Mitgliedern hat. Die alten Fasnachtssprüche und Lieder wurden in Tovar von Generation zu Generation weitergegeben, darunter Liedstrophen und manche Texte, die im ‚Badischen schon in Vergessenheit geraten waren.

Die Anfänge der Kolonisten waren mehr als beschwerlich. Statt dem Paradies fanden sie verkohlte Baumstämme und ein paar einfachste Hütten vor. Mit Fleiß, Zusammenhalt und Tatkraft errichteten sie eine Siedlung, die rund 120 Jahre weitgehend in sich abgeschlossen existierte und zum Erhalt vieler Lebenselemente der Zeit um 1840 beigetragen hat. Danach folgte der Bau einer Straße von Caracas her und es begann ein beispielloser Aufschwung. Die Colonia wurde der Touristenmagnet. Die Menschen überrannten das "Schwarzwälder Dorf" in Südamerika.

Seit Jahren ist das an sich begüterte Land Venezuela mit dem größten Ölvorkommen durch Misswirtschaft und Militärdiktaturen gebeutelt. Den Menschen fehlt es an vielem. So bildete sich ein Freundeskreis und auch eine Stiftung, um die Menschen mit dem Notwendigen, z.B. mit Medizin, aber auch Babynahrung und Hygieneartikel zu unterstützen. Darüber informierte der Ehrenvorsitzende des Fördervereins und Endinger Bürgermeisterstellvertreter Bernd Meyer. Der aktuelle Vorsitzende Ralf Muttach und sein Stellvertreter Michael Formella zeigten anschließend einen interessanten Film zum Selbstverständnis der Colonia und berichteten anschließend auch von der Reise der Endinger Delegation in diesem Frühjahr nach Tovar. Unter den Gästen waren auch Menschen, die selbst entweder aus Tovar kamen oder dort schon zeitweise gelebt haben.

Dazu konnte Thomas Dees, der zusammen mit dem Förderkreis aus Endingen und der Stadt die Veranstaltung geplant und organisiert hat, zum Schluss mit Begeisterung feststellen, dass dieses interessante Thema auch in Ettenheim mehr Aufmerksamkeit verdient.

Wer Menschen in Tovar unterstützen möchte, kann dies zum Beispiel mit einer Spende an den Freundeskreis Colonia Tovar, Bankverbindung: Volksbank Freiburg, IBAN: DE 48 6809 0000 0000 515108 BIC: GENODE61FR1

(Erstellt am 01. Dezember 2023)