Premiere von „Marie Antoinette“ in Landelins Garten erobert die Zuschauerherzen

Premiere von „Marie Antoinette“ in Landelins Garten
Bildquelle: Sandra Decoux

Landelins Garten, seit gut einem Jahr von der Familie Treiber in Ettenheimmünster betrieben, hatte seine erste Theaterpremiere: „Marie Antoinette oder Kuchen für Alle“ hieß das burleske Stück, präsentiert vom „Theater Eurodistrict Baden Alsace“ (BAAL).

Noch am Freitag wurde die geplante Theaterpremiere kurzfristig wegen Gewitterwarnungen abgesagt. Doch beim Ersatztermin am Sonntag brach stellenweise sogar die Abendsonne durch. Weit mehr als 200 Zuschauer genossen die rabenschwarze Komödie im abendlichen Freien auf der großen Spielwiese.

Der ungetrübte Theatergenuss bot reichlich Gelegenheit zum Schmunzeln und Lachen. Der Autor Peter Jordan, Theater- und Fernsehfilmschauspieler plus Regisseur, hatte sich eine skurril-schöne Geschichtsalternative ausgedacht. Sie kreiste um König Ludwig XVI. (ein prächtig aufgebauchter Thomas Cermác mit einer vom Sonnenkönig entlehnter Allonge-Perücke) und seine Ehegattin Marie Antoinette (Marilena Weichert im rauschenden Breithüft-Rock). Anstatt die beiden französischen Hoheiten wahrheitsgemäß gut drei Jahre nach dem Beginn der französischen Revolution auf dem Schafott landen zu lassen, warten sie in dem brüllend komischem Theaterstück nach 20 Jahren noch immer auf ihre Hinrichtung.

Im Versailler Schloss wohnen sie allein nur noch mit Diener Jean-Pierre (Markus Fisher) und Zofe Cécile du Ventoux (Sarah Hermann). Dort spötteln sie über die fortdauernde Unentschlossenheit der völlig zerstrittenen Revolutionäre zur Hinrichtung: „Unsere Vorräte reichen nur noch drei Jahre!“ In der neuen Republik werde das Volk bloß mit Wahlzetteln betrogen. Ludwig: „Bei uns war wenigstens klar, von wem!“ Und, zarte Anspielung auf Kanzlerinnen-Worte: „Wir Monarchen haben bewiesen: Wir können das!“ Nämlich despotisch herrschen.

Auch Kardinal Rohan taucht aus dem Exil auf

Wenn schon Klamauk, dann wenigstens durchgehend geistreicher. So taucht Kardinal Rohan (Fisher) wieder aus der Versenkung auf (real befand er sich im Ettenheimer Exil) und rechtfertigt sich bei seiner Königin für die Halsband-Affäre mit Millionenschaden: Die betrügerische Gräfin de la Motte sei ja eigentlich Mätresse vom Ehemann Ludwig gewesen. Rohans eigennütziges Angebot: Die Königin nun nach Rom zum Papst retten – aber bitte ohne den Gatten. Derweil trifft Danton (erneut Fisher) mit einem Papierwust von neuen Mitteilungen an das Volk im Schloss ein. So auch die, dass ein früherer Beschluss zur königlichen Hinrichtung abermals verschoben sei. Louis schimpft auffallend populistisch über Schlamperei und Bürokratismus, konstruiert drum frustriert eine eigene Guillotine, damit es endlich voran geht. Auf die legt sich dann die wegen Geldnöten wieder aufgekreuzte Madame Dubarry, aber nur mal zum Ausprobieren. Dumm nur: Aus Versehen saust das Theater-Fallbeil herunter – und Dubarry stirbt.

Nach der Theaterpause zeigte sich Lakai Jean-Pierre recht betrübt über sein unfall-auslösendes Ungeschick. Nicht genug damit. Robespierre (natürlich wieder Fisher) entdeckt die Guillotine und die Leiche, bevor er als vor ihr nach Verabreichung eines vergifteten Kuchens sein Leben ausröchelt. Geht es noch skurriler? Na klar. Napoleon (ebenfalls Sarah Herrmann) als illegitimer kleiner Sohn der Zofe und des Königs marschiert mit Absingen der Marseillaise ein, stellt sodann fest, dass das Volk heillos überfordert sei und gerettet werden müsse. Nun ja, vorerst mal Frankreich. Die Geschehnisse kulminieren komödiengerecht weiter. Ludwig springt suizidal vergeblich vom Balkon, Rohan taucht in Kutte erneut auf, um jetzt Rettung statt Rom zu suchen, Revolutionssoldaten verhaften zuverlässig die Falschen. Die finale Frage: „Wann gibt‘s endlich Kuchen?“ bleibt ergebnislos: Der ist leider ausgegangen.

Geistreiche Anspielungen sorgen für Tiefe

Nicht nur die höchst geistreichen und hintergründigen Texte von Peter Jordan machten das respektlos-witzige Theaterstück zu einem Genuss. Doppelsinniges erinnerte gezielt auch an eine gewisse aktuell populistische Partei mit rechtsradikalen Auswüchsen: „Wir haben den Pöbel befreit!“ Das Schauspieler-Quartett glänzte gleichermaßen mit höchster Bühnenkunst in all ihren Facetten, ob perfekt- lustiger Mimik, Gestik oder Sprachausdruck. Da hatte sich Fisher mit den meisten Kostüm-Wechselrollen besonders viel zu wandeln. Doch gleichermaßen bewiesen sich die anderen als ebenso hinreißende Bühnenstars. Für die gelungene Regie samt einfallsreicher Kostüme war Diana Zöller verantwortlich, das einfallsreiche Freilicht-Bühnenbild hatte Martin Bernhard geschaffen.

Weitere Aufführungen

Das Baal-Ensemblequartett gastiert mit Marie und ihren Kuchen noch in weiteren zehn Orten der Ortenau. Das nächste Mal am Freitag, 28. Juni, ab 20 Uhr an der Mörburghalle in Schutterwald, am Samstag, 29. Juni, ab 16 Uhr im Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof Gutach sowie am selben Tag um 20 Uhr auf dem Schlosshof vor der Schlosshalle Wolfach. Einen Tag später wird es das Stück an 19 Uhr vor der Nollenhalle in Gengenbach aufgeführt. Am 5. Juli ist es ab 20 Uhr auf dem Kirchplatz in Meißenheim-Kürzell anzutreffen.

Text: Michael Masson, Lahrer Zeitung

Ettenheimmünster Baal Novo Theater - Zuschauer
Fotos: Sandra Decoux