Streuobstförderung wird ausgesetzt

Baum auf Streuobstwiese

Vielfältig und ambitioniert waren in den letzten Jahren die Maßnahmen der Stadt Ettenheim zur Förderung von Streuobstwiesen, um sie als Teil der Ettenheimer Kulturlandschaft zu erhalten. Seit 1988 fördert die Stadt unter anderem die Neupflanzung von hochstämmigen Obstbäumen mit Zuschüssen.

Zahlreiche Streuobstflächen sterben ab, da alte Streuobstbäume nicht mehr gepflegt werden. Eine regelmäßige Pflege ist Voraussetzung für die Erhaltung von Streuobstbäumen. Daher hat Bürgermeister Metz vor Jahren angeregt, neben der Neupflanzung auch die Pflege von Streuobstbeständen von der Stadt zu fördern. Mit Beschluss des Gemeinderats unterstützt die Stadt deswegen seit sieben Jahren auch die Pflege zum Erhalt von Streuobstwiesen in Ettenheim.

Seit Auflage der Programme wurden über 4.000 Streuobstbäume mit städtischer Förderung gepflanzt und die später eingeführte fachkundige Pflege von Streuobstbäumen wurde schon mehrere hundert Mal in Anspruch angenommen und hat Streuobstbäume gerettet. Wichtig für den Erhalt von Streuobstbäumen ist auch deren Nutzung. Daher organisiert die Stadt Ettenheim über den Bauhof seit Jahren im Herbst die Annahme von Äpfeln aus Streuobstanlagen und lässt sie einem regionalen Safthersteller zukommen. Die Anlieferer bekommen entweder eine finanzielle Entschädigung oder Saftprodukte als Gegenleistung.

Im vergangenen Jahr unternahm der Gemeinderat mit Bürgermeister und Verwaltungsmitarbeitern eine Informationsfahrt, bei der auch positive Beispiele der Streuobstförderung im Landkreis Esslingen angeschaut und besprochen wurden.

Das Land Baden-Württemberg hat 2020 den Streuobstschutz verstärkt. Streuobstbäume dürfen nur noch in Ausnahmefällen für Wohnbauflächen gerodet werden. Eine Entfernung von Streuobstbäumen braucht eine explizite Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde beim Landratsamt.

Erstmals in Ettenheim virulent wurde das Thema dieses Jahr bei der Planung des Baugebiets Supperten II, ein Wohngebiet, das mit intensiver planerischer Arbeit, mit Bürgerbeteiligung und zahlreichen kommunalpolitischen Diskussionen vorbereitet wurde. Der Gemeinderat hatte Wert daraufgelegt, ein ausgewogenes Wohnflächenangebot zu unterbreiten und auch eine dichtere Bebauung zuzulassen. So empfiehlt der Regionalverband Städten in der Größenordnung Ettenheims eine Dichte von 70 Bewohnern je Hektar Bauland, in diesem Gebiet sind es sogar 116. Außerdem finden vielfältige Naturausgleichsmaßnahmen statt, unter anderem werden auf einer neuen Fläche außerhalb des Gebiets knapp 100 Streuobstbäume gepflanzt und ebenfalls rund 90 Bäume sind im Gebiet vorgesehen.

Die bisherigen Bäume im Gebiet, die für die Bebauung gerodet werden sollen, wurden von Baumfachleuten begutachtet und nur wenige fallen überhaupt unter die Gesetzesregelung des Jahres 2020. Insgesamt ist der Bestand wenig vital. Das Landratsamt hat daraufhin die Genehmigung zur Fällung der Streuobstbäume erteilt.

Dagegen hat sich nun der NABU gewendet, der vom Land vor drei Jahren ein explizites Einspruchsrecht eingeräumt bekommen hat. Ein Frankfurter Anwalt hat eine Widerspruchsbegründung eingereicht, unter anderem mit dem Hinweis, dass er anhand eines Luftbilds bessere bauliche Entwicklungsmöglichkeiten sehe, als die, die vom Gemeinderat unter Hinzuziehung von Fachplanern auf den Weg gebracht wurde.

Das Verfahren zur Entwicklung des Baugebiets stockt nun. Der NABU erarbeitet derzeit Richtlinien, die das Land umsetzen soll. Was bisher bekannt ist, zeigt, dass Maßnahmen der Streuobstförderung, wie sie die Stadt Ettenheim seit vielen Jahren aus Überzeugung durchführt, als Kompensation genutzt werden könnten, allerdings nur solche, die zukünftig umgesetzt werden.

Unter diesen Voraussetzungen hat die Stadt die Streuobstförderung ausgesetzt. Die Stadt wartet ab, wie sich das vom NABU verstärkt angegangene Thema Streuobst und Wohnbau entwickelt, wie das Regierungspräsidium mit dem Widerspruch des NABU umgeht und wie evtl. Kompensationsmaßnahmen aussehen.

Die Stadtverwaltung und der Gemeinderat hoffen, dass das Umweltministerium Baden-Württemberg rasch Klarheit schafft, wie es sich mit Eingriffen, Genehmigungen und Kompensationsmaßnahmen verhält. Bis dahin können Anträge auf Pflege und Neupflanzung von Streuobstbäumen leider nicht bearbeitet werden. Die Streuobstannahme durch den Bauhof und Weiterleitung an einen Saftproduzenten wurde aber unabhängig davon auch dieses Jahr durch die Stadt organisiert.

"Stadtverwaltung und Gemeinderat sind nach wie vor interessiert, Streuobst zu fördern. Wenn jedoch durch die Förderung die Schaffung dringend nachgefragten Wohnraums behindert wird und die seit vielen Jahren freiwilligen Leistungen der Stadt keine Berücksichtigung finden, müssen wir warten bis die offenen Fragen geklärt sind", so Bürgermeister Metz.